OLG Celle
Beschluss vom 01.07.2010
20 W 10/10
Besteht der Vorstand eines Vereins aus mehreren Personen (§ 26 Abs. 2 BGB), muss die Satzung des Vereins eine Mindestzahl der Vorstandsmitglieder bestimmen, um den Anforderungen des § 58 Nr. 3 BGB zu genügen.
Gründe

I.

Der Antragsteller meldete mit Schriftsatz vom 12. März 2010 u. a. eine Satzungsänderung zur Eintragung in das Registergericht an, die das Registergericht nicht für eintragungsfähig hielt.

Die Satzung zur Bildung des Vorstandes lautete in der ursprünglichen Fassung (Bl. 17):

㤠8 Der Vorstand
1. Der Vorstand (…) besteht aus mindestens 3 und höchstens 5 Mitgliedern. (…).
3. Angestellte des Vereins dürfen im Vorstand keine Mehrheit bilden.“

Die zur Eintragung angemeldete geänderte Satzung bestimmt:

㤠8 Der Vorstand

1. (…) Hierbei werden zuerst eine erste Vorsitzende/ein erster Vorsitzender, dann eine stellvertretende Vorsitzende/ein stellvertretender Vorsitzender und dann die weiteren Vorstandsmitglieder gewählt."

Ziffer 3 blieb unverändert.

Mit der angefochtenen Verfügung beanstandete das Registergericht, die angemeldete Satzungsänderung sei nicht eintragungsfähig, weil die Satzung eine bestimmbare Anzahl von Vorstandsmitgliedern nach § 26 BGB enthalten müsse. Der Ausschluss einer Mindestanzahl sei nicht statthaft, weil für den Rechtsverkehr ansonsten Verwirrung zu besorgen sei.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.
Er meint, die Bestimmung der Zahl der Vorstandsmitglieder könne auch ohne Festlegung einer Ober- und Untergrenze der Mitgliederversammlung überlassen werden. Die Regelungen des geänderten § 8 der Satzung und die Festlegung einer Mindestzahl in dieser Form sei ausreichend und weder nach dem Gesetz noch nach der ersichtlichen Rechtsprechung zu beanstanden.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, § 382 Abs. 4, § 58, § 63 FamFG, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Eintragung der geänderten Satzung zu Recht abgelehnt. Sie entspricht nicht mit der gebotenen Klarheit den gesetzlichen Voraussetzungen. Es reicht nicht aus, dass die Satzung die tatsächliche Zahl der Vorstandsmitglieder ohne konkrete Nennung einer Mindestzahl der Mitgliederversammlung überlässt. Ihre Formulierung ist zudem nicht eindeutig.

1. Weder § 26 noch § 58 BGB enthalten ausdrückliche Angaben darüber, ob die Satzung eines Vereins, dessen Vorstand aus mehreren Personen besteht, Regelungen über deren Zahl treffen muss. Gemäß § 58 Nr. 3 BGB soll die Satzungen Bestimmungen über die Bildung des Vorstands enthalten. Die Satzung muss unzweideutig festlegen, wie sich der Vorstand zusammensetzt (vgl. Palandt/ Heinrichs/ Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 58 Rdn. 3; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 18. A., Rdnrn. 124, 224; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. A., Rdnr. 227 f.; Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, § 26 Rdnr. 5; MünchKomm/ Reuter, BGB, 5 A, § 26 Rdnr. 7). Die überwiegende Auffassung geht wohl dahin, dass es ausreicht, für einen mehrgliedrigen Vorstand in der Satzung eine Mindest- oder Höchstzahl oder beides zu bestimmen (vgl. statt vieler Stöber, a. a. O., Rdnr. 232; Staudinger, a. a. O. Rdnr. 4: Mindest- oder Höchstzahl, Rdnr. 5: Mindest- und Höchstzahl).

2. Soweit der Antragsteller meint, die Satzung könne offen lassen, wie viele Mitglieder ein mehrgliedriger Vorstand mindestens und/oder höchstens hat und die genaue Bestimmung der Mitgliederversammlung überlassen, ist dem nicht zu folgen. Nach Auffassung des Senats erfordert § 58 Nr. 3 BGB jedenfalls die Angabe einer Mindestzahl derer, die einen mehrgliedrigen Vorstand bilden.

a) Ellenberger (Palandt/Heinrichs/Ellenberger, a. a. O.) und Sauter/Schweyer/ Waldner (a. a. O. Rdnr. 224) berufen sich für ihre Auffassung, die Bestimmung der Zahl der Vorstandsmitglieder könne der Mitgliederversammlung auch ohne Festlegung einer Ober- und Untergrenze überlassen werden, auf eine Entscheidung des Landgerichts G. (Beschluss vom 17. November 1983, 7 T 412/83, MDR 1984, 312), das wiederum Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Beschluss vom 4. Februar 1969) und des Kammergerichts (Beschluss vom 7. März 1907, KGJ 34, A 175) erwähnt. Die im vorliegenden Fall zur Beantwortung anstehende Frage hat indes keines der genannten Gerichte im Sinne des Antragstellers entschieden.

Das Landgericht G. hatte über eine Satzung zu entscheiden, die bestimmte, dass der Vorstand aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter, dem Schriftführer und dem Schatzmeister besteht. Hinzu kam:

„Die Mitgliederversammlung kann mit einfacher Mehrheit beschließen, dass dazu eine Anzahl Beisitzer tritt“.

Daraus folgt - und so hat es das Landgericht G. auch gesehen -, dass diese Satzung die Mindestzahl von vier Vorstandsmitgliedern festlegt. Es hat lediglich darüber befunden, ob hinsichtlich der „weiteren Zahl“, die die Mitgliederversammlung wählen kann, eine Mindest- und Höchstzahl anzugeben ist. (Nur) diese Frage hat es verneint. Diese Rechtsauffassung teilt der Senat.

Das Landgericht hat ausgeführt, die Erwägungen, die der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLGZ 69, 33) und des Kammergerichts (KGJ 34 A 175/179) zugrunde lägen, dass nämlich § 36 Abs. 1 Satz 1 GenG nicht die Festsetzung einer bestimmten Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern verlange, sondern einen Spielraum belasse und deshalb auch die Angabe einer Mindestzahl von Mitgliedern genüge, gälten auch für den Verein. Dieser Entscheidung ist somit nicht zu entnehmen, das Landgericht G. halte eine Regelung für zulässig, die es vollständig der Mitgliederversammlung überlasse, wie viel Mitglieder den Vorstand bildeten.

b) In der erwähnten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Beschluss vom 4. Februar 1969, BayObLGZ 1969, 33) hatte das Gericht unter Verweis u.a. auf die Entscheidung des Kammergerichts (Beschluss vom 7. März 1907, KGJ 34, A 175) ausgeführt, beim mehrgliedrigen Vorstand könne die Satzung eine bestimmte Zahl von Vorstandsmitgliedern festsetzen oder lediglich eine Mindestzahl oder eine Höchstzahl oder beides bestimmen. In diesem Falle sei es Sache des zuständigen Vereinsorgans zu bestimmen, wie viele Vorstandsmitglieder bestellt werden, wenn dabei nur die Mindestzahl gewahrt und die Höchstzahl nicht überschritten werde.

c) Dem Beschluss des Kammergerichts wiederum lag die Frage zugrunde, ob im Statut einer Genossenschaft (Aktiengesellschaft) die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder wenigstens durch Angabe einer Höchst- und Mindestzahl festgesetzt werde müsse oder ob es genüge, die Mindestzahl der Mitglieder des Aufsichtsrats in das Statut aufzunehmen. Das Kammergericht hat letzteres angenommen. Es hat ausgeführt, in § 36 Abs. 1 Satz 1 GenG sei geregelt, der Aufsichtsrat bestehe, sofern nicht das Statut eine höhere Zahl festsetze, aus drei von der Generalversammlung zu wählenden Mitgliedern. Damit stehe eine Regelung in Einklang, die bestimme, dass der Aufsichtsrat aus mindestens sechs Mitgliedern bestehe. Für eine völlige "Freigabe" der Vorstandsbildung an die Mitgliederversammlung streitet mithin keine der Entscheidungen.

3. Der Antragsteller ist gehalten, in die Satzung genauere Angaben über die Bildung des Vorstandes aufzunehmen, nämlich als Minimum die Mindestzahl der Vorstandsmitglieder zu bezeichnen. Soll der Vorstand aus mehr als einer Person bestehen, ist es nach Auffassung des Senates zur erforderlichen "unzweideutigen Bestimmung" des Vorstands unerlässlich, hierfür eine Mindestzahl zu nennen, für den Verein reicht die Angabe (nur) einer Höchstzahl nicht aus. Die Gründe hat bereits das Kammergericht aufgezeigt: Mit einer Satzungsbestimmung, der Vorstand könne beispielsweise "aus bis zu 1.000 Mitgliedern" bestehen, ist dem Rechtsverkehr wenig geholfen. Da aber in dem von dem Kammergericht entschiedenen Fall mit § 36 Abs. 1 GenG bereits eine gesetzliche Mindestzahl vorlag, eine solche Vorschrift für den eingetragenen Verein dagegen fehlt, erfordert § 58 Nr. 3 BGB jedenfalls die Angabe einer Mindestzahl der Vorstandsmitglieder in der Satzung, sieht diese einen mehrgliedrigen Vorstand vor.

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Vorgabe in § 8 Ziff. 3 der Satzung (Angestellte des Vereins dürfen nicht die Mehrheit im Vorstand bilden) satzungsgemäß nur umzusetzen ist, wenn feststeht, wie viele Mitglieder in den Vorstand gewählt werden (vgl. zum Problem der Satzungsabweichung und -durchbrechung Stöber, a. a. O., Rdnr. 654 ff.).

4. Die Satzung des Antragstellers sieht keine Mindestzahl des (mehrgliedrigen) Vorstandes vor. Eine solche Mindestzahl ist auch nicht im Wege der Auslegung, §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Im Unterschied zu dem Fall, den das Landgericht G. zu entscheiden hatte, sieht die Satzung des Antragstellers auch durch die Vorgabe der Wahlreihenfolge kein erforderliches Minimum an Mitgliedern des Vorstandes vor. Die Satzung legt lediglich fest, dass zunächst ein erster Vorsitzender, dann ein stellvertretender Vorsitzender und dann „die weiteren Vorstandsmitglieder“ gewählt werden. Aus dieser Formulierung wird nicht deutlich, ob der Vorstand aus

- mindestens zwei Mitgliedern, nämlich dem ersten Vorsitzenden und dem Stellvertreter besteht oder
- aus mindestens drei, nämlich zusätzlich einem „weiteren“ Mitglied oder
- aus vier, nämlich - weil die „weiteren Mitglieder“ im Plural stehen - zwei weiteren Mitgliedern neben Vorsitzenden und Stellvertreter.

Im Übrigen berechtigten und verpflichteten solche Unklarheiten den Rechtspfleger zur Beanstandung, § 60 BGB, selbst dann, wenn eine Mindestzahl durch Auslegung zu ermitteln wäre. Ihm ist es zwar untersagt, eine Satzung auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sind die Satzungsvorschriften aber unklar, ist im Eintragungsverfahren darauf zu dringen, dass die Satzung eine dem Sinn der Bestimmung entsprechende klare und eindeutige Fassung erhält (Stöber, a. a. O., Rdnr. 1033 m. w. N.).

Eine Satzung, wie die des Antragstellers, die es völlig offen lässt, wie viele Mitglieder letztlich den Vorstand bilden, genügt nicht den Anforderungen des § 58 Nr. 3 BGB. Das Amtsgericht hat die Eintragung zu Recht abgelehnt. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Wertfestsetzung auf § 30 Abs.2 KostO.